© Foto: Oberösterreich Tourismus/davidlugmayr.at: Winterlicher Weitblick über das Mühlviertel
Das Bild zeigt einen Aussichtsturm mit Blick über das tief verschneite Mühlviertel.
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Expertise zum Thema "Stoabloß"

von Josef Ludwig Plöchl (Verschönerungsverein Hirschbach)

Steinbloßhöfe und die damit verbundene Steinbloßbauweise im Mühlviertel ist eine Bauweise die aus der Not heraus entstanden ist.

Von Steinbloß spricht man bei dieser schönen Form des Mauerwerkes deshalb, da diese Bauweise durch die natürlichen Gegebenheiten im Mühlviertel entstanden ist. Das ist einerseits der große Reichtum an Steinen und andererseits der Mangel an Kalk, den man zum Verputzen der Mauern gebraucht hat. Da der Kalk von den Bereichen südlich der Donau gekauft und mühsam bergauf mit Pferdefuhrwerken in das Mühlviertel transportiert werden musste, hat man sich mit dem Verputzen der Zwischenräume zwischen den Steinen begnügt. Dadurch ist diese wahrscheinlich weltweit einzigartige Bauweise entstanden und hier zu bewundern.
Die alten Steinbloßbauernhöfe und die “stoanige“ Landschaft gelten als urtypisches Merkmal für das Mühlviertel.

© Foto: TVB Mühlviertler Alm Freistadt/Dieter Hawlan: Kammerer Kreuz am Johannesweg
Kammerer Kreuz - Steinbloß-Kapelle am Johannesweg

Der Großteil dieser schönen Steinbloßhöfe, sowie man sie heute sieht, entstand meinem Wissen nach in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Höfe die in dieser Zeit durch Blitzschlag oder Unvorsichtigkeit der Besitzer oder Dienstboten abgebrannt sind, wurden in Steinbloßbauweise wieder errichtet. Aber auch der Aufschwung nach Ende der Grundherrschaften 1848-50 war zu spüren.

Man hat Wohn- und Wirtschaftsbereiche der Höfe feuersicher erneuert und aufgestockt. Gemauert wurde mit Steinen (Ziegel waren noch zu teuer), Lehm und Sand (Bachsand). Verputzt wurde mit Lehm und Kalk. Dabei wurden die Steine bloß gelegt, um aus Kostengründen Kalk zu sparen hat man sich mit dem verputzen der Zwischenräume zwischen den Steinen begnügt.

Die Steine/Findlinge (Mühlviertler Granitfindlinge) nahm man von Feld und Wiesen oder auch aus dem eigenen Steinbruch, welchen fast jeder Bauer besaß.
Wichtig war dabei, dass der Stein zwei schöne Seiten zum Mauern hatte (der Eckstein brauchte sogar drei schöne Seiten). Das Vorbereiten (sogenannte Richten) der Steine zum Mauern war eine Winterarbeit der Bauern und Dienstboten. Die Mauerstärke gab den Höfen Stabilität und Isolierung. Im Erdgeschoss beträgt die Dicke der Wände 60-100 cm, im Obergeschoss 60-80 cm, d.h. ca. 20 cm weniger für die Auflage der Zwischendecke. Transportiert wurden diese Sichtsteine mit einer “Stoa-Troag” je nach Gewicht des Steines mit einer Zweier-, Vierer- oder Sechser- Trage (benannt nach der Anzahl von Männern, die sie transportierten).

Der Kalk wurde in der Kalkgrube aufbereitet, gelöscht und gelagert. Jeder Hof hatte eine solche Kalkgrube um später die Zwischenräume außen, die Stallungen 3-5 Jahre und auch die Wohnbereiche alle Jahre zu weißen.

Höfe und Hofformen im Mühlviertel:

Zweiseithof, Dreiseithof und Vierkanthof. Wobei der Dreiseithof in den Bezirken Freistadt, Rohrbach und Urfahr-Umgebung der häufigste ist. Der sogenannte “Dreiseiteinspringer” ist eine ganz besondere Form, aber weniger zu sehen. Der Viertkanter ist schon präsent, kommt aber im südlichen Bezirk Freistadt und in der Gegend zur Donau hin (Bezirk Perg) öfter vor.

Themenweg "Steinbloß-Mauer-Weg" in Hirschbach:

Seit 2009 besteht der 12,5 km lange Themen-Rundwanderweg in Hirschbach. Ein Wanderweg der Vielfalt, den Steinen im Allgemeinen gewidmet. Von schönen Mühlviertler Steinbloßhäusern bis hin zu verschiedenen Steinmauern und Natursteinmauern.
Der Weg beginnt im Ort beim ersten Stoabloßhaus des Weges, nämlich einer ehemaligen Mühle, dem heutigen Bauernmöbelmuseum. Entlang des Weges sieht man die Nutzung der "Mühlviertler-Granitsteine". Die Strecke führt vorbei an den typischen Mühlviertler Dreiseithöfen, Dreiseiteinspringer und an stattlichen Vierkantern mit deren Nebengebäuden und teilweise modern umgebauten aber im Steinbloßstil belassenen Höfen. Weiters zu sehen sind Steinmauern, Steinbankerl…..
Der Wanderer/die Wanderin soll auf die vielseitige Verwendung des “Mühlviertler Granit” aufmerksam gemacht werden.
Bei über 25 beschilderten Steinbloßhöfen (Haus -Hofname, Entstehungszeit und Ereignisse) und Nebengebäuden kann man sich entlang der Wanderstrecke informieren.
Der typische schöne Steinbloßhof, zeichnet das Zentrum der Steinbloßbauweise im Mühlviertel mit den Gemeinden Hirschbach, Ottenschlag und der Ortschaft Stiftung bei Neumarkt im Mühlkreis aus.

 

Ein Beitrag von Wanderwegbetreuer und Initator 

Josef L. Plöchl

Zu meiner Person:
Nachdem ich schon seit 1992 diesen Wanderweg des Verschönerungsvereines entlang der wunderbaren Steinbloßhöfe mit deren Nebengebäuden betreut habe, kam 2008 die Idee einen Themenweg daraus zu machen. Nach Gesprächen und der positiven Rückmeldungen der Hofbesitzer und deren Erlaubnis Infotafeln anbringen zu dürfen entstand der Steinbloß-Themenweg. Besonders freut es mich, dass seit der Errichtung des Themenweges 2008/2009 einige Besitzer dies zum Anlass nahmen um ihre Höfe zu renovieren und diese nun in neuem Glanz erstrahlen.
Auch ich bin in einem Steinbloßhof geboren und aufgewachsen. 1997 haben meine Familie und ich aus Liebe zu der Steinbloßbauweise einen Schuppen in diesem Stil errichtet.
Ehrenobmann des Hirschbacher Bauernmöbelmuseum und ehemaliger Postamtsleiter von Hirschbach und Umgebung. Vorstandsmitglied Beirat des Verschönerungsvereines Hirschbach
Hobbys: Familien und Heimatforschung, Waldarbeit, Wandern (Pilgern) und Radfahren

Meiner Meinung nach verdient sich diese einzigartige Steinbloßbauweise (ein ländliches Denkmal) im Mühlviertel die Aufnahme in das Weltkulturerbe.